230 Impfdosen kamen am ersten Tag – Mobile Teams in vier Pflegeeinrichtungen unterwegs Corona-Impfungen gestartet

Der 85-jährige Karl Ruhr erhielt als Erster im Main-Kinzig-Kreis den Corona-Impfstoff.

Die bundesweit angelegte Corona-Schutzimpfung ist auch im Main-Kinzig-Kreis am Sonntag wie geplant und ohne Zwischenfälle gestartet. Die mobilen Impfteams rücken an diesem „historischen Tag“ mit insgesamt 230 Impfdosen in vier Pflegeeinrichtungen in Erlensee, Gründau, Bad Orb und Ronneburg aus.

Main-Kinzig – Aber bevor die Einsatzteams ihre Arbeit aufnehmen können, geht es in den beiden Impfzentren in Hanau und Gelnhausen zum Corona-Schnelltest. Mit einem langen Wattestäbchen, das tief in die Nase geschoben wird, werden Abstriche genommen, um herauszufinden, ob alle Teammitglieder einsatzbereit sind. Der Antigen-Schnelltest ist ein zwar unangenehm, benötigt aber nur wenige Minuten für ein Testergebnis. Von den Männern und Frauen, es sind Ärztinnen und Ärzte, Medizinische und pharmazeutische Fachangestellte sowie Mitarbeitende aus dem Rettungsdienst, treffen sich die meisten zum ersten Mal. Sie alle sind dem Aufruf des Main-Kinzig-Kreises gefolgt und haben sich für eine der Aufgaben beworben. So gibt es in jedem der mobilen Impfteams einen Arzt oder Ärztin, zwei medizinisch oder pharmazeutische Fachangestellte sowie einen Rettungssanitäter oder -sanitäterin.

Zum Auftakt arbeiten die Teams in doppelter Besetzung, damit möglichst schnell genügend Kräfte die Abläufe gut genug kennenlernen, um in anderen Teams bei der Einarbeitung helfen zu können.

Gegen 10 Uhr trifft das erste Team unter der Leitung von Dr. Silke Hofmann-Bär in Erlensee ein. Die Ärztin der Stadt Hanau wird in den kommenden Monaten für den Main-Kinzig-Kreis als verantwortliche medizinische Leitung des Impfzentrums Hanau das Impfprojekt unterstützten. Zu diesem Zweck wurde sie an das Gesundheitsamt abgeordnet und soll das Impfzentrum in der August-Schärttner-Halle leiten.

In der Altenpflegeeinrichtung in Erlensee hatte das Team um Pflegedienstleiterin Jessica Mangold diesen Moment gut vorbereitet. In einem Aufenthaltsraum im zweiten Stock gab es genügend Platz, um den gesamten Vorgang mit der Anmeldung, dem Arztgespräch und der eigentlichen Impfung zu organisieren. Jeweils zwei Personen konnten gleichzeitig betreut werden. Um 10.40 Uhr ist die mobile Infrastruktur vollständig aufgebaut, die Aufgaben sind verteilt und die ersten Spritzen aufgezogen. Diese Aufgabe liegt in den Händen von Sabine Keimer. Sie hat den aufgetauten Impfstoff entsprechend der Vorschrift mit steriler Kochsalzlösung verdünnt und die Injektionen sorgfältig vorbereitet.

Bewohner Karl Ruhr hat dieses Treiben bereits vom Flur aus verfolgt und ist dann auch der erste Patient. In vier Wochen wird er 86 Jahre alt, dann will er gegen das Virus geschützt sein. Die erfahrene Arzthelferin Martina Schmitt erläutert kurz noch einmal das Procedere und dann ist der erste Stich auch schon Geschichte. Für Karl Ruhr „keine große Sache“, schließlich hatte er in seinem langen Leben schon viele Impfungen erlebt.

Die Mitglieder des Impfteams achten in Abstimmung mit dem Pflegepersonal darauf, dass die Bewohnerinnen und Bewohner im Anschluss noch eine Weile beobachtet werden, um auf eventuelle Auswirkungen reagieren zu können. Doch nach Rückmeldung aus allen vier Pflegeeinrichtungen, gibt es keine Komplikationen. Der zweite Patient im „Haus Rosengarten“ ist Uwe Bakker (77), der die Prozedur ebenfalls völlig unaufgeregt erlebt. Insgesamt hatten sich circa 70 der insgesamt 80 Bewohnerinnen und Bewohner zur Impfung angemeldet. Und auch ein großer Teil des Personals nutzt die Gelegenheit, sich immunisieren zu lassen.

Im Seniorenzentrum Gründau werden unter der Leitung von Professor Dr. Dirk Maybauer vom Gefahrenabwehrzentrum des Main-Kinzig-Kreises mit wenigen Handgriffen Tische und Stühle gerückt, Spritzen, Pflaster und Desinfektionsmittel bereitgestellt und alles vorbereitet, um die einzelnen Impfdosen zu portionieren. So entsteht innerhalb kurzer Zeit eine „Impfstraße“. An der ersten Station geht es darum, alle nötigen Papiere zu prüfen. Falls noch Beratungsbedarf besteht, geht es direkt weiter zum Impfarzt. Schließlich erhält als erste Pflegefachkraft Anita Kohlenberger eine Impfdosis in den Muskel des Oberarms gespritzt. „Es war gar nicht schlimm“, ruft sie ihren wartenden Kolleginnen zu und setzt sich für 15 Minuten in die Ruhe-Ecke. Rettungssanitäter Ralph Bettenhausen hat die Frau während dieser Zeit immer im Blick, um zu prüfen, ob diese die Impfung gut verträgt.

Mit jedem Durchgang geht es zügiger voran, die Handgriffe sitzen und das Impfteam entwickelt schnell einen Rhythmus. „Lehnen Sie sich bitte an und entspannen Sie sich. Haben Sie Angst vor Spritzen?“, das sind die einleitenden Sätze, bevor der Oberarm - rechts oder links - desinfiziert wird. Mit zwei Fingern wird der Muskel zusammengedrückt. Die Spritze befördert den Impfstoff direkt in den Muskel. Das Ganze dauert nicht mal eine Minute, dann klebt schon das Pflaster auf der Einstichstelle und die Impflinge sind fertig - einige sind überrascht, weil sie nicht mal den Einstich spürten und lachten erleichtert auf.

Wie Anita Kohlenberger ist auch Pflegefachkraft Sabine Junge gerne bereit, sich frühzeitig gegen das SarsCoV-2-Virus impfen zu lassen. „Ich will dazu beitragen, dass möglichst schnell wieder Normalität im Pflegeheim einkehren kann. Ich sehe ja jeden Tag, welche Einschränkungen unsere Bewohnerinnen und Bewohner hinnehmen müssen. Sie bekommen weniger Besuch und können auch nicht an Festen teilnehmen. Dabei gehören Kontakte doch zur Lebensqualität dazu, gerade in diesem Alter“, sagt Sabine Junge. Am Ende des Tages steht fest: Nicht nur die Pflegefachkräfte haben die Impfung im Großen und Ganzen gut vertragen, sondern auch die Bewohnerinnen und Bewohner des Pflegeheims. Sie erhalten die zweite Impfdosis drei Wochen später. gn

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