Sommerloch? / Von Helmut Müller Ei Gude, wie?

Helmut Müller.

Die Sommerferien sind am Laufen und ich bin auf der Suche nach dem Sommerloch. Ich meine, ich bin auf der Suche nach der nachrichtenarmen Zeit. Die will sich in diesem Jahr scheinbar nicht einstellen. Die Frage ist ja, was ist wichtig. Da hat jeder von uns seine eigene Vorstellung. Das ist auch gut so, finde ich. Die Fußball-WM geht in die letzte Runde. Die vier besten kommen aus Europa. Alle vier haben das Zeug zum Weltmeister. Wir werden einen würdigen Nachfolger erhalten. Alle haben fantastische Spieler und spielen einen tollen Fußball. Irgendwie gönne ich es jedem, aber es kann nur ein Fußballweltmeister geben. Belgien oder Kroatien sind meine Favoriten. Wenn Sie diese Zeilen lesen, steht schon fest, wer gegen wen um die Plätze 1 bis 4 spielt. Mit den Vieren ist auch in zwei Jahren bei der Fußball-Europameisterschaft zu rechnen.

Joachim Löw bleibt im Amt. Angela Merkel und Horst Seehofer auch. Seehofer stänkert weiterhin. Er kümmert sich jetzt um Europa. Recep Tayyip Erdogan legt seinen Amtseid als neuer Staatspräsident der Türkei ab. Per Dekret entlässt er erst einmal über 18.000 Staatsbedienstete. Insgesamt wurden bereits mehr als 100.000 von ihnen wegen angeblicher Verbindung zu mutmaßlichen Putschisten entlassen. Zudem wurden mehr als 70.000 Menschen inhaftiert.

Diktatoren und Autokraten schmücken sich gerne mit dem Wort „Demokratie“. Mich macht das nachdenklich. Demokratie bedeutet auch Freiheit des Andersdenkenden. Und, ganz wichtig: Gewaltenteilung. Polen grüßt. Die Britische Premierministerin Theresa May kommt mit dem Brexit ins Straucheln. Tritt Boris Johnson erst zurück, um dann Frau May zu beerben? Während sich das Höhlendrama von Thailand, das im Fokus der Weltöffentlichkeit stand, im Laufe der Woche einem glücklichen Ende zuneigte, alle 12 jugendlichen Fußballer und ihr Betreuer konnten gerettet werden, ertrinken weiter Kinder im Mittelmeer. Das interessiert scheinbar keine große Weltöffentlichkeit.

Wir klagen jetzt lieber Schiffskapitäne und ihre Besatzungen an, die ertrinkende Menschen retten. So was schockt mich erst einmal. Ich schweige dann lieber und überlege wie ich mich positioniere. Mir fällt sofort ein Kernsatz meines politischen Verständnisses ein. Er lautet: Demokratie ist nichts selbstverständliches, um sie zu bewahren muss man ständig um und für sie kämpfen. Dazu gehört übrigens auch das Wahlrecht, ich meine die Pflicht wählen zu gehen. Unsere gesellschaftlichen Werte stehen auf dem Prüfstand. Wir müssen uns entscheiden. Wollen wir in einer Humanen Welt leben oder bevorzugen wir die Barbarei!

Ich befürchte, wir gehen den Weg des geringsten Widerstandes. Stillhalten und abwarten. Mir Hesse habbe da en schöne Spruch dazu: „Bevor isch misch uffreesch, is mer’s liewer egal!“ Mir ist das nicht egal. Eine arabische Weisheit umschreibt unseren Werdegang wie folgt: „Krieg macht Armut, Armut macht Demut, Demut macht Frieden, Frieden macht Reichtum, Reichtum macht Übermut, Übermut macht Krieg. Quo vadis Europa? Sommerloch wo bist du?

Ei Gude, wie!