Freiheit für Belarus

Udo Bullmann (SPD)

Junge Menschen, die auf eine bessere Zukunft hoffen, Lehrer, Journalisten, Arbeiterinnen und Arbeiter der Staatsbetriebe, sie alle gehen dieser Tage in den Städten von Belarus auf die Straße und protestieren im Zuge der Präsidentschaftswahlen gegen Wahlbetrug, für Freiheit und Demokratie, für einen Politikwechsel in der letzten Diktatur Europas.

Es sind bewegende und bedrückende Bilder, die uns über die Nachrichten und soziale Medien aus Belarus erreichen. Im Zuge der Präsidentschaftswahlen vom 09. August 2020 erklärte sich Alexander Lukaschenko zunächst selbst zum Wahlsieger, während zahlreiche örtliche Wahllokale Ergebnisse veröffentlichen, aus denen ganz klar die Oppositionspolitikerin Swetlana Tichanowskaja als Siegerin hervorgeht. Anschließend versuchte der Diktator mit aller Gewalt, die zahlreichen Proteste gegen die gefälschten Wahlen zu unterdrücken und seine Macht zu erhalten. Demonstrationen werden gewaltsam niedergeschlagen, politisch Andersdenkende inhaftiert und gefoltert. Doch anders als bei den Wahlen und Protesten zuvor lassen sich die Belarussinnen und Belarussen dieses Mal nicht unterkriegen. Sie stehen in Massen und demonstrieren friedlich. Arbeiterinnen und Arbeiter der Staatsbetriebe, die die wirtschaftliche Basis des Landes bilden, legen ihre Arbeit nieder und streiken für die Demokratie. Frauen verteilen Blumen als Zeichen des Friedens und der Nächstenliebe an die Sicherheitskräfte, die selbst beginnen die Seiten zu wechseln und sich den Protesten anzuschließen. Journalisten wehren sich gegen die Praxis der unfreien Presse und die Zensur durch den Staatsapparat. Das belarussische Volk hat die Unterdrückung satt und wehrt sich so stark wie nie zuvor.

Gerade jetzt braucht es mehr als lediglich Bekundungen. Worten müssen Taten folgen. Deswegen ist es wichtig, dass die EU-Außenminister bereits letzte Woche Sanktionen gegen das Lukaschenko-Regime auf den Weg gebracht haben, jedoch hat seitdem die Gewalt gegen die Demonstranten in Belarus nicht nachgelassen. Der Europäische Rat muss diese Woche noch deutlicher werden und klar machen, dass die EU weder Wahlfälschungen noch Gewalt gegen friedliche Demonstranten akzeptiert und diese hart sanktioniert. Gleichzeitig muss die Zivilgesellschaft wissen, dass Europa ihr zur Seite steht und den Demokratisierungsprozess unterstützen wird. Um weitere Gewalt zu verhindern und den politischen Wandel anzustoßen, muss Europa auch als diplomatische Mittlerin agieren und Gespräche zwischen Lukaschenko und der Opposition vorantreiben. Neben den EU-Staaten braucht es hierbei auch die Beteiligung Russlands und der OSZE im Mediationsprozess. Belarus befindet sich an einem historischen politischen Wendepunkt. Europa hat nun die Chance auf die Umbrüche zum Wohle der Menschen zu reagieren und durch das eigene Handeln dramatische Entwicklungen, wie sie aus anderen Staatskrisen bekannt sind, zu verhindern. Es braucht mutiges Engagement seitens der EU und ihrer Mitgliedsstaaten. Gerade der Bundesrepublik kommt hier während der EU-Ratspräsidentschaft eine besondere Verantwortung zu.