Maler-Lehrling aus Gründau und Schülerin aus Gelnhausen wurden vor 40 Jahren brutal ermordet Wer hat Michael Walter und Petra Wohland getötet?

Petra Wohland aus Gelnhausen war Schülerin am GGG.

Petra Wohland war Schülerin des Grimmelshausen-Gymnasiums in ihrer Heimatstadt Gelnhausen, Michael Walter aus Gründau-Lieblos ein Maler-Lehrling. Sie 14 Jahre alt, er 16. Vermutlich träumten sie von einer gemeinsamen Zukunft. Doch aus diesen Plänen wurde nichts: Vor 40 Jahren wurden beide getötet - ein Verbrechen, das bis heute nicht aufgeklärt ist. Jetzt stehen die Aktenordner wieder auf dem Schreibtisch von Oberstaatsanwalt Dominik Mies in Hanau.

Linsengericht – Circa 30 Bände umfassen Berichte, Zeugenaussagen, Fotos und Beweismaterial. Der Blick hinein erschaudert auch erfahrene Ermittler: Michael Walter wurde am 28. Juni 1979 unweit eines Hochsitzes in einem Weizenfeld getötet, die Leiche seiner Freundin Petra erst siebeneinhalb Monate später in einem kilometerweit entfernten Flutgraben nahe Biebergemünd-Wirtheim gefunden. Wer die Beiden getötet hat, ist bis heute völlig unklar. Doch die Ermittler lassen diese Taten auch 40 Jahre später nicht ruhen.

„Wir greifen solche Fälle natürlich immer wieder auf“, findet laut Mies eine regelmäßige Überprüfung statt, ob sich vor allem aufgrund verbesserter technischer Untersuchungsmöglichkeiten neue Anhaltspunkte ergeben. Zuletzt waren alle Asservate aus diesem Fall, die weiterhin bei der Staatsanwaltschaft Hanau gelagert werden, im Jahr 2007 untersucht worden, darunter beispielsweise Kleidungsstücke von Michael Walter. „Aber die Kriminaltechnologie hat sich natürlich auch seitdem weiterentwickelt“, sagt Mies und meint damit: Sollte der Mörder von Michael Walter und Petra Wohland heute noch frei herumlaufen, könnte er immer noch überführt werden.

Dabei waren sich die Ermittler Anfang der 1980er-Jahre schon einmal ziemlich sicher, den Mörder gefunden zu haben. Otto Burger aus dem kleinen Gründauer Ortsteil Gettenbach wurde 1984 zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt, weil er zwei Jahre zuvor ein Liebespärchen umgebracht haben soll: Der 19-jährige Axel K. aus Büdingen-Wolferborn wurde im Juli 1982 mit Kopfschüssen und Messerstichen getötet in einem Gerstenfeld bei Brachttal-Spielberg gefunden, die Leiche seiner 18-jährigen Freundin Sabine P. aus Wächtersbach-Leisenwald zehn Tage später von Campern im Wald bei Hain-Gründau entdeckt. Aber: Es war ein Indizienprozess am Landgericht Hanau, der damals 35-jährige Otto Burger schwieg zu allen Vorwürfen bis zu seinem Tod im Jahr 1997 - nur zwei Wochen nach seiner Haftentlassung.

Die Parallelen zum Fall Walter/Wohland sind jedoch unverkennbar und es gibt noch eine weitere Tat, die Burger zugerechnet werden könnte: 1978 wurde auf einem Feldweg in Haingründau ein Liebespärchen im Auto gestoppt, als sie flüchteten, wurde dreimal in die Heckscheibe ihres Wagens geschossen. Diese Waffe wurde auf dem Anwesen von Burger gefunden, insgesamt stellten die Ermittler dort ein Arsenal mit 80 Schusswaffen sicher. Aber hat Otto Burger tatsächlich Michael Walter und Petra Wohland ermordet? Für eine Anklage reichte die Beweislage damals nicht aus, einzig die Ähnlichkeit zu dem Fall in Brachttal scheint auffällig. Viele Jahre wurde in Gründau anschließend nicht mehr über den mutmaßlichen Mörder gesprochen - bis zum April 2015: Da wurden zwei Leichen im Elternhaus von Otto Burger gefunden. Zunächst verstarb sein Bruder eines natürlichen Todes, dann die pflegebedürftige Mutter mangels Versorgung.

Theorien über den Doppel-Mord gab es viele, dem Maler-Lehrling wurden Kontakte in die Frankfurter Drogenszene nachgesagt, zwei namentlich nie bekannte US-Soldaten standen unter Verdacht und der Bruder von Michael Walter hält bis heute seine Version aufrecht, dass ein Freund aus der damaligen Jugend-Clique die Taten begangen haben soll. „Das wurde in den vergangenen Jahren alles abgeklopft“, fanden sich laut Mies für all diese Verdächtigungen keine Anhaltspunkte. Dass dieser Fall aber durchaus mysteriöse Züge hat, beschreibt ein Detail aus den Ermittlungsakten: Nach dem Fund der Leiche von Petra Wohland waren sich nämlich die Ermittler vor knapp 40 Jahren nicht einig, wann sie tatsächlich zu Tode kam. Während die Rechtsmediziner davon ausgingen, dass sie wie Michael Walter am 28. Juni ermordet wurde, dann anschließend in den Flutgraben verbracht wurde und dort monatelang im Wasser lag, ermittelte die Kriminalpolizei, dass sie zumindest im August/September 1979 vermutlich dort noch nicht gelegen hat. In diesen Monaten wurden zwischen Gelnhausen-Haitz und Biebergemünd-Neuwirtheim nämlich Hochspannungsleitungen gebaut und die dafür verwendeten Kabel sollen genau am Fundort gelagert worden sein. Die Arbeiter hätten laut Auffassung der Kriminalpolizei, die damals noch von Bad Orb aus ermittelte, die Leiche von Petra Wohland auf jeden Fall finden müssen. Ungeklärt ist bis heute auch, wie die 14-Jährige ums Leben kam, eine Obduktion war angesichts der langen Liegezeit der Leiche nicht mehr möglich.

Michael Walter und Petra Wohland - Schulkameraden und Freunde haben sie bis heute nicht vergessen. Vor allem bei Klassentreffen wird immer wieder an sie gedacht. Der „Hochsitzmord“, wie er bei „Aktenzeichen XY…ungelöst“ betitelt wurde, hat eine ganze Region erschüttert. Und nicht nur die Angehörigen wünschen sich, dass dieser Fall nach 40 Jahren endlich aufgeklärt werden kann.

Von Andreas Ziegert

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