Ein spitzenmäßiges Team

„Ich verbringe mehr Zeit mit Fly als mit dem Rest der Familie“: Uwe Traxel mit seiner Seelenhündin. Fotos: Andrea Euler

Sie wiegt 55 Kilogramm, ist viereinhalb Jahre alt und würde, könnte man sie fragen, als Lieblingsbeschäftigung „Einfach nur abhängen“ nennen. Stattdessen ist sie ein preisgekrönter Hundestar, eine „Rampensau“ und ihrem Herrchen Uwe Traxel treu ergeben.

Jossgrund – Die Rede ist von „Fly“, einer Neufundländerhündin, Bundessiegerin im Jahr 2021, mit eigenem Instagram-Account, die erst am zurückliegenden Wochenende wieder auf dem Siegertreppchen beim Internationalen Wettbewerb für Wasserhunde landete. Auf Platz drei, was sich Herrchen Uwe selbst zuschreibt, der seiner Hündin auch eine noch bessere Platzierung zugetraut hätte.

Stolz ist Traxel dennoch: Fly trennen nur 2,5 Punkte vom Erstplatzierten. Und sie hatte Spaß an dem Wochenende, das ist das Entscheidende. Der Spaß ist generell der Antrieb, mit dem Uwe Traxel, seine Frau Daniela und die Kinder Tim (15) und Mia (13) an die Sache herangehen. Fly natürlich auch, wobei „die sich ja nicht wissentlich über die bestandene Prüfung freut. Sie freut sich, weil sie merkt, dass ich mich freue. Da weiß sie: Irgendwas war jetzt gut“, so Traxel, der sich ein Leben ohne Neufundländer nicht mehr vorstellen mag. Insbesondere nicht ohne seine Hündin, denn „die ist bei uns zu Hause auf die Welt gekommen, ich hab ihr rausgeholfen, die Fruchtblase aufgemacht.“ Acht Welpen waren im Wurf, schon im Vorfeld war die Entscheidung gefallen, dass eine Hündin bleiben darf, aber „wir haben uns schnell entschieden, dass sie es wird. Und es war definitiv die richtige Wahl“, wie der Inhaber eines Tierbedarfsgeschäfts und Züchter schwärmt.

Er räumt denn auch ein: „Früher habe ich immer geschmunzelt, wenn Leute beschrieben haben, sie hätten ihren Seelenhund gefunden. Mittlerweile muss ich das revidieren: Fly ist mein Seelenhund“, sagt der 59-Jährige, der zugibt: „Ich verbringe mehr Zeit mit Fly als mit dem Rest der Familie.“ Fly kommt mit zur Arbeit, mit Fly geht es in der Mittagspause ans Wasser, Fly darf abends auf die Couch, und wenn Herrchen mal alleine im Bett liegen sollte, darf sie auch dort hin. Urlaub ohne die insgesamt drei Hunde? Kommt für die vierköpfige Familie nicht infrage. „Wir sind im Normalfall 24 Stunden am Tag zusammen.“ Die Hündin liegt vorm Laden und döst, „da guck ich nicht, ob die abhaut. Das ist eine reine Vertrauenssache. Ich wünsche mir, meine Tochter wäre später so“, schmunzelt Traxel, dem durchaus bewusst ist: „Wenn ich über den Hund rede, komme ich immer ins Schwärmen.“

Die innige Vertrauensbasis zwischen Hund und Mensch kommt nicht von allein. „Für so einen Hund musst Du etwas tun“, erklärt der Fachmann. „Wenn ich ihr bei einem Hindernis sage: ‘Geh da drüber’, dann geht sie, weil sie weiß, dass ich nie etwas tun würde, was ihr schadet.“ Traxel redet mit der Hündin wie mit einem Menschen, hat „solche extremen Kommandos wie Sitz! Platz! Fuß! für sie noch nie benötigt“. Dafür trainiert er mit dem Hund auch jeden Tag und in jeder Situation. Und freut sich natürlich über die erreichten Erfolge, hält es aber mit dem Agility-Trainer Jan Dießner, den er mit den Worten zitiert: „Es muss nicht perfekt sein, um stolz auf seinen Hund zu sein!“

Dabei ist Fly vom Perfektsein nicht weit weg, wie die Erfolge der Hündin beweisen. „Wir machen die Wasserarbeit rein sportvereins- und wettbewerbsmäßig. Dabei steuern wir vom Land oder Boot aus unsere Hunde mit der Stimme und mit Zeichen – und der Hund rettet.“ Auf diesen Sport stieß Traxel 2016 – und er erschien ihm für große, schwere Hunde gut geeignet. „Als Helfer der Fischer auf der kargen Insel Neufundlands entwickelte sich ein Hundetypus, der sich sowohl körperlich als auch mental auf die eigenständige Arbeit im Wasser bei rauem Klima spezialisierte.

Diesen Anlagen wird außer der Wasserarbeit keine andere Sportart gerecht. Für die Neufundländer und ihre Verwandten ist die Wasserarbeit artgerechte Beschäftigung und richtungsweisend für die Zucht betreffend der Erhaltung ursprünglicher Anlagen“, erklärt Traxel auf der Homepage seiner Hundezucht.

Dabei ist Fly, anders als das zu vermuten wäre, keine wirklich begeisterte Wasserliebhaberin. „Wenn wir bei ihrer Mutter Dotje mal eine Sekunde nicht aufpassen, ist die im Wasser. Fly müsste die Wasserarbeit nicht haben, der Wassernarr ist sie nicht.“ Und die Aufgaben sind durchaus anspruchsvoll: „Bergen eines Ertrinkenden und einer hilflosen Person“ gehört etwa dazu oder auch die „Bergung einer regungslos liegenden Person hinter einem Boot“.

Um das alles trainieren zu können, wird natürlich ein passendes Gewässer benötigt – und da hat Uwe Traxel im Moment ein großes Anliegen: „Wir brauchen einen kleinen See, gerne auch hier in der Nähe, an dem wir mit unseren Hunden trainieren können.“ Das hilft nicht nur den Vereinsmitgliedern, sondern hat sich an bisherigen Trainingsstätten auch immer als Touristenattraktion herausgestellt.

Flys größte Belohnung sind nicht etwa die Leckerlis – wobei sie durchaus von Leberwurstpaste zu begeistern ist. Es ist der Arm des Herrchens. Wenn sie den ins Maul nehmen darf, ist das die liebste Belohnung.

Spaß hatte sie zudem daran, an der Tiershow „Top Dog Germany“ teilzunehmen. „Da ist sie trotz Pfiffen, Klatschen und Toben tiefenentspannt. Das Gemüt ist einfach entscheidend“, wie Traxel weiß. Und im Oktober stehen bereits die nächsten Meisterschaften an. „Natürlich möchte ich mit Fly möglichst weit vorne landen“, sagt Traxel.

„Aber am wichtigsten ist mir, dass unser Ninjabärchen hoffentlich möglichst alt wird und wir noch viel Spaß zusammen haben werden.“

»sunshine-island.de 

VON ANDREA EULER

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