Fortschritt in der Gleichstellung

Dr. Udo Bullmann (SPD), Europaabgeordneter

Am 8. März ist Weltfrauentag. Der Tag an dem sich Menschen auf der ganzen Welt für Gleichstellung von Männern und Frauen einsetzen. War es einst das Frauenwahlrecht, das im Mittelpunkt der Frauenbewegung stand, wird Gleichstellung heute als ein Querschnittsthema verstanden. Und auch 110 Jahre nachdem der erste Weltfrauentag 1911 begangen wurde, ist der Kampf um Gleichstellung von Männern und Frauen nicht vorbei. Im Gegenteil: Besonders Frauen leiden weltweit unter den Folgen der Corona-Pandemie. In Deutschland und global droht uns ein Rückschritt in der Gleichstellung, den wir dringend verhindern müssen.

Es sind die Alltagsheldinnen in der Medizin, der Pflege, in den Kitas und im Supermarkt an der Kasse, deren Leistung existenziell für unser Zusammenleben und die Bewältigung der Krise ist. Obwohl die Wichtigkeit dieser Berufe gerade während der Krise besonders deutlich wurde, wird diese Leistung nicht angemessen entlohnt und auch die Arbeitsbedingungen sind vielerorts eine Zumutung. Es sind gerade Frauen, die diese Berufe ausüben und den Laden am Laufen halten. Sie verdienen mehr Respekt und Anerkennung in Form von besseren Löhnen und Arbeitsbedingungen. Flächendeckende Tarifverträge und Maßnahmen gegen den Personalmangel sind hierbei wichtige Schritte. Umso bedauerlicher ist es, dass einzelne Vertreter des Deutschen Caritasverbandes erst vergangene Woche einen flächendeckenden Tarifvertrag verhindert haben.

Frauen müssen viel mehr als Männer Homeoffice, Homeschooling, Betreuung und Hausarbeit während des Lockdowns vereinbaren. Der Wegfall der staatlichen Betreuungs- und Bildungseinrichtungen führt zu einem Rückschritt in der gleichberechtigten Fürsorgearbeit. Viele Frauen reduzierten ihre Arbeitszeit und verzichteten auf Karrierechancen, um der Familienarbeit gerecht zu werden. Die staatliche Infrastruktur für Bildung und Betreuung sowie Unterstützung für Eltern zum Beispiel in Form von Elternzeit muss gerade auch aus der gleichstellungspolitischen Perspektive ein wichtiger Bestandteil des modernen Sozialstaates sein. Diese gilt es zu stärken und auszubauen.

Gleichzeitig erleben wir in Pandemiezeiten die dramatische Zunahme der Gewalt gegen Frauen. Alle bisherigen Anstrengungen zum Schutz von Frauen und Kindern sowie Engagement für Gewaltprävention müssen verstärkt werden. Das gilt insbesondere für die Ausweitung von Frauenhausplätzen, die seitens der hessischen Landesregierung dringend umgesetzt werden muss.

Doch all die beschriebenen Entwicklungen sind nicht nur ein deutsches Phänomen. Überall auf der Welt leiden insbesondere Frauen an gesundheitlichen und ökonomischen Folgen der Krise. Es ist wichtig, dass wir als Gesellschaft aus der Corona-Krise lernen und diese Welt besser machen. Gerade in der Gleichstellung von Männern und Frauen brauchen wir eine Politik des Fortschritts und Engagements für Fortschritt über den Weltfrauentag hinaus, in Deutschland wie in Europa und auf der ganzen Welt.