Hausärzte-Mangel: Politik reagiert

Ärztemangel: Der Kreistag hat weiteren Maßnahmen zugestimmt, um die Schließung von Praxen zu verhindern. Foto: Archiv

Main-Kinzig-Kreis – Die Sicherstellung der Versorgung durch Hausärzte wird in den kommenden Jahren immer schwieriger. Das ist das nicht wirklich überraschende Ergebnis einer Analyse der hausärztlichen Versorgung im Kreisgebiet. „Besonders in einigen ländlichen Kommunen ist die Versorgungssituation bereits heute nicht ausreichend und wird sich in den nächsten zehn Jahren deutlich verschlechtern“, heißt es in dem Bericht, der dem Kreistag vorliegt.

Ärzte, die aktuell in Einzelpraxen tätig sind, haben demnach die größten Sorgen, keine Nachfolger zu finden. Diejenigen, die in ländlichen Regionen, also in Kommunen unter 20 000 Einwohnern, ihre Praxis haben, gaben häufig an, dass der Standort für die Suche nach einem Nachfolger nachteilig sei.

Im Rahmen einer kreisweiten Analyse wurden laut Gesundheitsdezernentin Susanne Simmler alle Hausärzte im Zeitraum von September 2020 bis Mai 2021 zur Ist-Situation der Versorgung sowie zu den persönlichen Vorstellungen und Perspektiven in Bezug auf Maßnahmen zur Sicherstellung der Versorgung befragt. Ziele der Analyse waren, einen Überblick über die Versorgungssituation auf kleinräumiger Ebene zu erhalten, bevorstehende regionale Versorgungsengpässe zu identifizieren und zukünftige Entwicklungsperspektiven abzuleiten.

175 Hausärzte haben an der Befragung teilgenommen. Dies entspricht einer Teilnahmequote von 68 Prozent. Die meisten Hausärzte arbeiten in Vollzeit, im Durchschnitt etwa 52 Stunden pro Woche. Etwas mehr als 40 Prozent arbeiten in einer Einzelpraxis und fast genauso viele in einer Kooperationsform. 70 Prozent sind 50 Jahre oder älter. In den nächsten drei Jahren, das unterstrich auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Klaus Schejna in seiner Rede, werden 25 Hausärzte und in den nächsten vier bis zehn Jahren 59 Hausärzte ihre Tätigkeiten aufgeben.

Laut Analyse ist es zu erwarten, dass fast 50 Prozent der Befragten in den nächsten zehn Jahren in den Ruhestand gehen. Besonders im Bereich Schlüchtern sowie Bad Orb werden die meisten Hausärzte ihre Tätigkeit in den nächsten zehn Jahren aufgeben. Die meisten Mediziner schätzen die Schwierigkeit als hoch ein, Nachfolger zu finden. Jedoch sehen nicht in allen Kommunen die Hausärzte die Versorgung als gefährdet an. Als Hinderungsgründe, Nachfolger zu finden, nannten die Hausärzte überwiegend das Unternehmertum und die fehlende Bereitschaft, in Selbstständigkeit zu arbeiten. Auch Gründe wie zunehmende Arbeitsbelastung, die Bürokratie oder die fehlende Attraktivität einer Einzelpraxis sowie allgemeine Standortfaktoren sahen die Befragten bei der Suche nach Nachfolgern als hinderlich an.

Insgesamt ist die Bereitschaft zu Veränderungen da, um die Versorgung sicherzustellen, sie variiert jedoch in Abhängigkeit vom jeweiligen Vorhaben. Kooperationsformen einzugehen, wie Berufsausübungsgemeinschaften, Praxisgemeinschaften oder Medizinische Versorgungszentren, können sich etwas mehr als 50 Prozent der Befragten vorstellen, genauso wie die Nutzung von digitalen Anwendungen. Über 60 Prozent können sich vorstellen, weitere Ärzte anzustellen oder mithilfe von Delegation an nicht-ärztliches Personal entlastet zu werden.

„Die hohe Teilnahmequote verdeutlicht, dass den Hausärzten die Sicherstellung der Versorgung sehr wichtig, das Problembewusstsein vorhanden ist und ein hoher Handlungsdruck besteht, die Versorgung langfristig aufrechtzuerhalten. Es besteht die Bereitschaft, alternative Versorgungsformen einzugehen. Daher sollte der Main-Kinzig-Kreis dabei unterstützen, gemeinsam mit den Ärzten die Gesundheitsversorgungsstrukturen aufzubauen, die geeignet sind, neue Ärzte für den Main-Kinzig-Kreis zu gewinnen“, heißt es in der Zusammenfassung der Analyse.

Die Ergebnisse der Analyse sollen nun Grundlagen für die strategische Ausrichtung der weiteren Tätigkeit der Koordinationsstelle für die ärztliche Versorgung beim Main-Kinzig-Kreis sein. So wurden aus der Befragung folgende vier Handlungsfelder definiert, in denen zukünftig konkrete Handlungsempfehlungen und Folgeprojekte angestoßen werden sollen: Nachwuchsförderung, attraktive Arbeitsbedingungen für junge Ärzte, innovative Versorgungsstrukturen und Strategien, um den steigenden Versorgungsaufwand zu begegnen.

Das Kreisgesundheitsamt mit der Fachstelle „Koordination für die ärztliche Versorgung“ wird dazu das Institut für Allgemeinmedizin sowie die Firma Quaestio beauftragen, bei der Erarbeitung geeigneter Vorgehensweisen in allen vier Handlungsfeldern zu beraten und bei der Umsetzung von Gesprächsforen mit der Ärzteschaft zu unterstützen. Der Antrag wurde einstimmig angenommen.

VON ANDREAS ZIEGERT