„Sind zwei starke Stimmen“

Waren nicht immer einer Meinung, haben aber nach konstruktiven Lösungen gesucht: Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky und Landrat Thorsten Stolz (rechts). Foto: PM

Main-Kinzig-Kreis – Corona-Pandemie, der Krieg in der Ukraine sowie die damit einhergehende Unsicherheit, was beispielsweise die Energieversorgung betrifft: Die Rahmenbedingungen könnten besser sein für ein „epochales Projekt“, wie Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky sowie Landrat Thorsten Stolz (beide SPD) gestern die anvisierte Auskreisung der Brüder-Grimm-Stadt nannten.

Obwohl noch nicht absehbar ist, welche Folgen die geoplitische Lage auf die Wirtschaft sowie die Steuereinnahmen vor Ort haben werden, wollen die Verwaltungsspitzen an ihren Plänen festhalten und Hanau nun zum 1. Januar 2026 auskreisen. Ursprünglich war dies für 2021 vorgesehen. „Die Welt ist immer unsicher“, sagte Kaminsky mit Blick auf die Umstände, die Hanaus Weg in die Selbstständigkeit begleiten. „Wenn die Wirtschaft zusammenbricht, dann sind wir alle unter Wasser“. Dafür sei die Auskreisung Hanaus nicht ursächlich, so der OB.

Millionen von Euro, die die Stadt Hanau in den kommenden Jahren entweder an Pauschalbeträgen an den Main-Kinzig-Kreis überweisen oder für den Aufbau von eigenen Behörden ausgeben muss, deren Aufgaben bisher vom Kreis erledigt wurden, machen dem OB keine Sorgen. Die Stadt sein ein kleiner Milliardenbetrieb, man müsse dies alles in Relationen zum Nutzen setzen. Und der sei am Ende ungleich höher, ist der Verwaltungschef überzeugt. Große Hoffnungen setzt er vor allem in das „Haus rund um das Erwerbsleben“, das am Hauptbahnhof erreichtet werden soll und in dem alle Maßnahmen und Stellen rund um das Erwerbsleben verzahnt werden und passgenauer auf die Hanauer Bedürfnisse zugeschnitten werden sollen. „Arbeitsmarkt und Sozialpolitik aus einem Guss“, verspricht Kaminsky. Diese zentrale Anlaufstelle wird am Hauptbahnhof in Kooperation mit der dort befindlichen Agentur für Arbeit realisiert.

Landrat Thorsten Stolz (SPD) betonte es einige Male: Main-Kinzig-Kreis und Stadt Hanau „sind zwei starke Partner und werden das auch künftig sein, zwei starke Stimmen“. Und so war die erste gemeinsame Pressekonferenz nach mehr als zweieinhalb Jahren Verhandlungen – die Kommission hatte im Januar 2020 zum ersten Mal getagt – auch so etwas wie ein Symbol. Konstruktiv und auf Augenhöhe seien die Gespräche verlaufen. Dennoch betonte Stolz auch seine Rolle als Landrat der übrigen Städte und Gemeinden im Main-Kinzig-Kreis: „Kreisfreiheit ja, aber nicht um jeden Preis, vor allem nicht zum Nachteil der anderen. Das, sagt Stolz, sei die Maxime gewesen und das Verhandlungsergebnis drücke diese aus.

Ein strittiges Thema bei den Verhandlungen war die Zukunft der Gesellschaft für Ausbildung, Qualifizierung und Arbeit (AQA), eine hundertprozentige Tochtergesellschaft des MKK. An deren Fortbestand wird sich auch durch die Kreisfreiheit Hanaus nichts ändern. Die Stadt Hanau wird mit dem Eintritt in die Kreisfreiheit ein Arbeitsmarktprogramm auflegen und dazu mit der im Jahr 1991 ins Leben gerufenen Einrichtung zusammenarbeiten. Vertraglich geregelt sind Maßnahmen in Höhe von einer halben Million Euro, die Hanau jährlich beim Kreis als Leistung einkaufen wird. Weil 40 Prozent der Klientel und bei Kreisfreiheit 50 Prozent der Einnahmen wegbrechen würden, wäre die AQA laut Kreis nicht überlebensfähig gewesen.

VON YVONNE BACKHAUS-ARNOLD